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  • Merfyn

... den letzten von ihnen


Es ist wie Decarabia unlängst gesagt hat. Mich drängt es ihn aufzusuchen und nun habe ich den Mut dazu endlich über mich gebracht. Wir sitzen hier im Kensington Garden nebeneinander und betrachten die Umgebung. Bedauerlicherweise ist mir unklar, wie ich anfangen soll, in Anbetracht des Umstandes, wie lange unsere letzte Begegnung zurückliegt, also versuche ich einfach mal mein Glück.

„Denkst du manchmal noch an sie?“

„Selten. Die Erinnerungen verblassen ohnehin nie, aber heute ist es zu spät etwas daran zu ändern. Und du, Merfyn? Denkst du noch daran?“

„An manchen Tagen. Nicht so bewusst vermutlich wie du, doch ja, es gibt diese Augenblicke, da kann ich sie alle vor mir sehen. So deutlich, wie dich gerade.“

„In Anbetracht der Umstände ist das jetzt ein Witz, oder?“

„Normalerweise würde ich ja sagen. Die Wahrheit ist, dass mir die Witze ausgegangen sind.“

„Wir wissen beide, dass dem nicht so ist. Du versuchst bloß auf deine Art freundlich zu sein und das kann einen bedeutend mehr ankotzen als deine beschissenen Witze.“

„Was ist so schlimm daran? Manchmal ist eine gewisse Ernsthaftigkeit wichtig und notwendig.“

„Mag sein, wenn sie nicht gerade von dir käme, Merfyn. Du bist in so was äußerst beschissen und das ist dir selbst klar. Also frag, was du zu fragen gedenkst.“

„Das weißt du bereits. Mach es uns beiden also nicht unnötig schwer und sag einfach, ob du mit der Situation zurechtkommst.“

„Ich weiß es nicht.“

„So einfach?“

„Einfacher geht es nicht mehr, Merfyn. Was ist mit dir? Wie überlebst du?“

„Ich überlebe indem ich lebe, mein Lieber. Manchmal ist es das einzige, das uns dazu bringt weiter zu machen. Ab und an frage ich mich auch, was die Welt gegen mich hatte, dass ich noch immer lebe. Mich scheint man nicht klein zu kriegen und ich weiß, dass es bei dir kaum besser ist.“

„Glaubst du ja? Du bist also überzeugt, mich noch immer zu kennen? Nicht mal ich weiß an manchen Tagen genau, wer ich bin. Es ist dann alles verschwommen und unklar. Und du glaubst mich noch immer zu verstehen?“

„Ich verstehe deine damaligen Beweggründe – heute besser als damals. Verlust ist etwas, dass man nicht so leicht verwindet. Mit den Gefühlen wirst du erst wieder ins Reine kommen müssen, nicht wahr?“

„Ich weiß nicht, ob das nach der langen Zeit möglich sein wird.“

„Das wird es.“

„…“

Erstaunlicherweise frage ich mich an dieser Stelle, wer hier wen befragt hat. Zugleich muss ich sagen, es ist ein würdiger Abschluss für diesen Moment und die Melancholie wird uns sicher nicht ewig begleiten. Dennoch sage ich bis zum nächsten Mal jetzt Lebt wohl und wir sehen uns beim nächsten Band jeden Mittwoch wieder. Euer Merfyn.

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